Urlaub ist bei uns in den letzten Jahren irgendwie zu kurz gekommen. Entweder mangelte es an (Frei-)Zeit oder am Geld. Mittlerweile haben wir zwar wieder mehr Zeit, die wird aber in unser Häuschen gesteckt, das wir vergangenen Winter gekauft haben und in dem einige Renovierungen anstehen. Dass wir da beim Thema Urlaub zurückstecken werden müssen, war uns klar. Zum Glück haben wir einen großen Garten, der diesen Sommer auch Urlaubsfeeling genug versprühte und spätestens als der lustige Gartenpool (besser bekannt als „Das Riesenplanschbecken“) bei uns Einzug hielt, brauchte ich für dieses Jahr keinen weiteren Urlaubs-Ausgleich. Versteht mich nicht falsch: Gegen Urlaub an kilometerlangen weißen Sandstränden und Cocktails in Kokosnüssen kann das alles nicht anstinken, aber so war es auch „völlig in Ordnung“.
Aber trotzdem fällt einem ja manchmal die Decke oder der heimatliche Himmel auf den Kopf und man möchte einfach mal wieder etwas anderes sehen, andere Straßen, Gebäude, Menschen, Gerüche, Geschmäcker und Co. erleben. Für die kleinen Auszeiten planen wir dann gerne Städtetrips, um das Fernweh im Zaum zu halten. In den letzten Jahren haben wir u.a. London, Edinburgh, Newcastle (als Zwischenstation von Edinburgh nach London – da muss man aber nicht wirklich hin ;)), Berlin, Hamburg, München, Amsterdam und Prag durchstreift – mal mit etwas mehr Ortskundigkeit, mal mit völliger Planlosigkeit und „Ich hab’ gestern mal in den Reiseführer geguckt, da vorne ist irgendwas, das man UNBEDINGT gesehen haben muss“-Mentalität. Aber egal, ob man die Stadt schon kennt oder das erste Mal in ihren Straßen umherwandelt: Am allerliebsten lasse ich mich Treiben.
Einfach durch die Stadt spazieren, abseits der Touripfade, durch verwinkelte Seitenstraßen, vorbei an unentdeckten Hinterhöfen, zwischendurch einen Kaffee in einem kleinen Café gekauft, an dem man zufällig vorbeikommt. So entdeckt man meistens ja die schönsten Kuriositäten einer Stadt, kann ihre Bewohner beobachten, stolpert vielleicht über ein nettes Restaurant, in das man abends nochmal zurückkehrt. Herrlich. Als ich Lena Grossmüllers DSCVR – Reiseführer des Zufalls entdeckte, wusste ich sofort, dass der das nächste Mal mit ins Reisegepäck muss. Damit man diesen Spaß der Überraschungs-Entdeckungstour noch mal auf ein ganz anderes Level heben kann.
Lena ist freie Texterin, Gestalterin und Absolventin der Zürcher Hochschule der Künste. Sie hat den Reiseführer im Rahmen ihres Design-Masterstudiums entwickelt und dank der 70 Unterstützer ihrer Crowdfunding-Kampagne konnte die erste Auflage realisiert werden. Diese war so schnell vergriffen, dass jetzt gerade schon die zweite Auflage herausgekommen ist.
Welche Intention hinter dem Projekt DSCVR steckt hat Lena sehr charmant beschrieben:
„Eine Hommage an den Zufall, ein Affront gegen die Komfortzone.“
WAS
DSCVR ist ein Reiseführer, der eigentlich keiner ist: Anstatt durch die Stadt zu führen, gibt DSCVR Inspiration, sich zu verlieren. Er wirft Fragen auf, motiviert zur Interaktion und regt zur Reflexion des Erlebten an. Auf 156 Seiten und mit über 50 Impulsen und Stadtexperimenten sowie kurzen Essays, einem Abecedarium und unzähligen Fragen, die einfach mal gestellt werden mussten, inspiriert DSCVR zur Exploration und zelebriert das Ungewöhnliche, Unbekannte und Überraschende auf Reisen.
WARUM
Weil Individualtourismus immer häufiger an seine Grenzen stößt. Auf der angestrengten Suche nach Einzigartigkeit und authentischen Erfahrungen finden wir Vorhersehbares, Erlebnisdruck und die Angst, etwas zu verpassen. Es fällt zunehmend schwerer, Orte ungezwungen und frei von Erwartungen zu entdecken. DSCVR ist für alle, die abseits von Google Maps und Lonely Planet-Routinen entdecken wollen, den Erwartungs- und Erlebnisdruck a la Yolo satt haben oder jene, die für die nächste Reise noch einen ungewöhnlichen Begleiter suchen.
WO
DSCVR ist von der Zürcher Stadtluft inspiriert, wurde in einer Buchmanufaktur in Winterthur gedruckt und fühlt sich an jedem Ort der Welt zu Hause – von Honolulu bis zum Heimatdorf. Anders als bei konventionellen Reiseführern steht bei DSCVR nicht das Reiseziel, sondern die persönliche Haltung und Experimentierfreude im Mittelpunkt.
Das ganze ist eine wunderschöne Mischung aus gradlinigem Design, toll geschriebenen Essays und überraschenden und lustigen „Anweisungen“ und Stadtexperimenten. So wird man die Stadt durch „Finde das hässlichste Souvenir der Stadt“ oder „Egal wo du isst oder trinkst, bestelle Nr. 12“ mit anderen Augen erleben. An Orten oder in Geschäften landen, die man sonst nie besucht hätte oder Dinge essen, die man nie probiert hätte. Jetzt möchte ich auch wieder Urlaub machen – und endlichen wissen, was die Nr. 12 ist.
Und? Würdet ihr euch auf das Abenteuer Zufall einlassen?
Fotos (bis auf das oberste Beitragsbild): Lena Grossmüller
Der Reiseführer des Zufalls ist ab sofort auch im Zürcher Kommode Verlag erhältlich und kostet 23 Euro. Auf www.dscvr-guide.com gibt’s auch noch mal mehr Infos.